Diepholzer Kreisblatt vom 21.01.2020
Das Projekt „Wir sind stark!“ soll die Sechstklässler der Oberschule Wagenfeld im richtigen Umgang mit Gefahrensituationen schulen, rechts: Andreas Müller. Foto: Ripking
Sechstklässler der Oberschule Wagenfeld nehmen am Projekt für Zivilcourage teil
Wagenfeld – Von Jannick Ripking. Carolina und Niklas gehen aufeinander los – mit Schaumstoffschlägern. Um sie herum stehen ihre Klassenkameraden und feuern sie an. Was auf den ersten Blick wie eine handfeste Auseinandersetzung aussieht, entpuppt sich als eine Übung des Projektes „Wir sind stark!“, das die Oberschule Wagenfeld in Kooperation mit der Polizeiinspektion Diepholz jährlich den sechsten Klassen anbietet. Das Projekt wurde dieses Jahr im Wagenfelder Gemeindehaus durchgeführt.
Auch Zuschauer haben eine Verantwortung
Lena Schröder, Sozialarbeiterin der Schule, machte vor einigen Jahren eine Fortbildung zur Moderatorin dieses Projektes. „ ,Wir sind Stark!‘ soll die Zivilcourage der Schüler fördern, das soziale Miteinander stärken und die Hilfsbereitschaft in den Fokus rücken“, erklärt sie. Gemeinsam mit dem Präventionsbeauftragten der Polizei, Andreas Müller, moderiert sie verschiedene Übungen, bei denen „die Jugendlichen Strategien und konkrete Verhaltensweisen erlernen sollen, um sich in Gefahrensituationen möglichst optimal verhalten zu können“, heißt es im Beiheft zum Programm des überregionalen Projektes.
Als die Übung „Beeinflussung durch Zuschauer“ an der Reihe ist, verlassen die Freiwilligen, Carolina und Niklas, gemeinsam mit Moderatorin Lena Schröder den Raum, werden mit Schaumstoffschlägern ausgestattet und bekommen von ihr die Anweisung, gleich vor den Augen der anderen gegeneinander zu kämpfen. Was die beiden Kontrahenten nicht wissen ist, dass ihre Klassenkameraden von Moderator Andreas Müller in Fanlager aufgeteilt werden. Sie sollen abwechselnd oder gleichzeitig auf Handzeichen ihren „Kämpfer“ lautstark mit Anfeuerungsrufen unterstützen.
Dann setzt sich Andreas Müller, für die Schüler das Zeichen, sich ebenfalls zu setzen und still zu sein, Niklas und Carolina kämpfen weiter, ihre Hiebe werden aber zaghafter, die Intensität lässt nach. Müller fordert sie auf, den Kampf zu beenden und fragt: „Wie war es für euch beide?“ Carolina: „Es war lustig und hat Spaß gemacht.“ Niklas ist die Anfeuerung nicht entgangen: „Es war interessant. Ich habe die Rufe gehört.“
Andreas Müller schmunzelt, er gibt zu, dass das Ende der Übung nicht so war, wie geplant: „Wenn die Anfeuerung aufhört, hört auch der Kampf in der Regel auf. Hier war es jetzt nicht so.“ Vielleicht hat der Schaukampf den beiden einfach zu viel Spaß gemacht.
Den Kern hinter der Übung verstehen die Kinder aber sofort. „Der Jubel hat mich angestachelt und mir den Rücken gestärkt“, erzählt Niklas. Müller ergänzt: „Anfeuerung kann gut oder schlecht sein. Beim Sport ist sie positiv, bei einer Prügelei negativ.“
Er macht den Schülern klar, dass es so etwas wie den reinen Zuschauer nicht gibt. „Zuschauer können eine Schlägerei befeuern. Manche Schlägereien würde es ohne Zuschauer vielleicht gar nicht geben“, erklärt er. Wenn man Prügelnde anfeuert, könne man sich auch schnell der Beihilfe oder Anstiftung strafbar machen, führt den den Schülerinnen und Schülern vor Augen.
Danach gibt er den Kindern noch wichtige Ratschläge an die Hand, um richtig mit Konflikten umgehen zu können: „Wenn ihr Hilfe braucht, sprecht die Leute immer persönlich an.“
Um gar nicht erst in eine prekäre Lage zu geraten, hatte Müller noch einen Tipp parat: „Ich möchte euch ans Herz legen, dass ihr erst das Gehirn einschaltet und dann erst handelt.“ Unüberlegte Taten hätten oft unvorhersehbare Folgen. „Aber bei euch mache ich mir da überhaupt keine Gedanken“, sagt er im Hinblick auf unüberlegtes Handeln.